Fondsexit für institutionelle Anleger bei Immobilien-Spezialfonds
Fachbeitrag von Tobias Moroni, Managing Director Institutional Investment Partners GmbH, erschienen in Immobilien & Finanzierung, August 2019
Immobilien-Spezialfonds werden bei institutionellen Investoren immer beliebter: Nach den BVI Investmentstatistiken nahm allein beim offenen Immobilien-Spezialfonds das verwaltete Vermögen zwischen den Jahresenden 2012 und 2015 um 18,13 Mrd. Euro zu. In den folgenden drei Jahren bis Ende 2018 wuchs das Volumen noch einmal schneller um ganze 35,21 Mrd. Euro. Nach Angaben der BVI Verwahrstellenstatistik, die basierend auf den Meldungen der Verwahrstellen mittelbar auch das Fondsvermögen der Nicht-BVI-Mitglieder abgreift, wurden Ende 2018 zusammengerechnet 110,68 Mrd. offene und geschlossene Immobilien-Spezialfonds verwaltet.
Mit dem wachsenden Volumen steigt die Zahl der Fonds und in der Folge künftig auch die der Fondsexits. Wie die monatlichen Kapitalmarktstatistiken der Bundesbank zeigen, steht der Fondsexit allerdings schon heute auf der Agenda vieler Anleger: So überstiegen beispielsweise im Zeitraum April 2018 bis April 2019 die (Brutto-) Mittelzuflüsse mit 17,17 Mrd. Euro die (Netto-) Mittelaufkommen von 11,92 Mrd. Euro deutlich. Das bedeutet, Anleger haben allein in diesem Zeitraum Anteilscheine im Wert von 5,25 Mrd. Euro zurückgegeben. Trotz netto stark steigender Volumina sind Fondsexit heute schon für zahlreiche Anleger ganz konkret.
Frühzeitige Relevanz des Fondsexits
Aufgrund der rasch steigenden Zahl der Immobilien-Spezialfonds wird die Berichterstattung eher von neu aufgelegten Fonds als von Fondsexits geprägt. Das sollte institutionelle Anleger trotzdem nicht von der stets allgemeingültigen Frage des Exits ablenken. Auch wenn der Exit in der Anbahnungsphase zwischen Anleger und KVG noch in ferner Zukunft zu liegen scheint, sollte der Anleger im eigenen Interesse die Exit-Optionen frühzeitig bedenken und am besten schon bei der Vertragsgestaltung vor der Abgabe eines Commitments für den jeweiligen Fonds berücksichtigen. Hier lassen sich wichtige Weichen stellen, um die Umsetzung der wirtschaftlichen und strategischen Ziele auch für den Exit zu sichern. Es ist nicht nur legitim, sondern sinnvoll und bei Mehranlegerfonds grundsätzlich auch im Interesse aller Anleger, wenn die Anleger ihre eigenen Interessen für die verschiedenen Exit-Szenarien identifizieren und in die Verträge einbringen.
Ausstieg des einzelnen Anlegers aus dem Anlegerkreis
Das erste Szenario kann grundsätzlich jeden Anleger aus unterschiedlichsten Gründen ereilen: Man will einfach raus und sucht als einzelner den Ausstieg aus dem Kreis der übrigen Anleger, die bis zum eigentlichen Desinvestment des Fonds investiert bleiben. Wichtig ist, dass die Umsetzung einen möglichst schonenden Ausgleich der Interessen im Anlegerkreis ermöglicht. Die hierfür erforderliche „Verfahrensordnung“ findet man typischerweise in den Anlagebedingungen des Fonds, da die gesetzlichen Rahmenbedingungen zum Fondsvertragswerk subsidiär sind. Der Anleger muss sich zum Zeitpunkt seiner Entscheidung, den Anlegerkreis verlassen zu wollen, eben jenem Verfahren unterziehen, dem er sich selbst bei Unterzeichnung des Fondsvertragswerks verschrieben hatte.
Die Anteilscheinrückgabe ist als erste Option zu nennen; sie ist bei offenen Fonds ein vertragliches Recht des Anlegers. Bei geschlossenen Beteiligungen sind Rückgaberechte hingegen typischerweise produktimmanent ausgeschlossen. Allgemein üblich ist, dass Rücknahmen nicht täglich, sondern nur monatlich erfolgen können, wobei sich die Länge der zu beachtenden Rückgabefrist unterscheiden kann. Wichtiger ist für den Anleger zu wissen, wie sich die den Fonds verwaltende Kapitalverwaltungsgesellschaft („KVG“) bei Mehranlegerfonds zur Liquiditätsverwendung positioniert, falls die vorhandene Liquidität des Fonds nicht ausreicht, um alle Rückgabeverlangen mehrerer Anleger mit einem Mal bedienen zu können. Soll die Verteilung der vorhandenen Liquidität schlicht dem Prinzip „First-come-first-serve“ folgen oder erscheint es interessengerechter, dass die KVG die Anteilscheinrücknahme für alle rückgabewilligen Anleger suspendiert? Trotz der Unterschiede in der Liquiditätssteuerung offener Spezialfonds gegenüber Publikumsfonds ist diese Frage nicht nur hypothetisch, weil es genau eben einer dieser Unterschiede ist, der Spezialfonds in die Liquiditätsfalle tappen lassen kann. Für die Zwecke der Renditeoptimierung lassen sie sich von den für Publikumsfonds geltenden Liquiditätsvorschriften befreien und halten in der Regel nur ein absolutes Mindestmaß in liquiden Mitteln. Schon vereinzelte Rückgabeverlangen können somit die zur Bedienung notwendige Liquidität überschreiten. In jedem Fall sollte in den Anlagebedingungen weitestgehend von den Publikumsfonds-Vorschriften abgewichen werden, welche nämlich die KVG zur Veräußerung sämtlicher Vermögensgegenstände innerhalb festgelegter Zeiträume ohne Rücksicht auf Verluste zwingen würde. Bei Mehranlegerfonds kann es daher interessengerecht sein, in den Anlagebedingungen für den Fall – zumindest sehr frühzeitiger – Rückgaben auch Rückgabeabschläge zu Gunsten des Fonds vorzusehen. Das erhöht die Sicherheit, dass die KVG nicht zwangsweise nicht-fondsstrategiekonforme Veräußerungen von Immobilien durchführen muss, um einzelne Anleger auszahlen zu können.
Eine weitere zudem aus Sicht des Fonds liquiditätsneutrale Möglichkeit ist die Übertragung von Fondsanteilen. Die verschiedenen Märkte für Secondaries sind aufgrund der geringen Nachfrage und eventueller Provisionen wirtschaftlich für den Verkäufer selten attraktiv. Eher mit Vorsicht zu genießen sind Märkte oder Börsen, bei denen die Betreiber ein eigenes Provisionsinteresse an der Übertragung haben. Anteile werden daher eher innerhalb der eigenen Unternehmensgruppe des Anlegers oder innerhalb des Anlegerkreises des Immobilien-Spezialfonds übertragen. Rechtlich organisieren der übertragende und übernehmende Anleger die Übertragung in einem bilateralen Vertrag, wobei der Preis frei verhandelbar und es üblich ist, dass der übernehmende Anleger die gesamte Rechtsposition des übertragenden Anlegers übernimmt. Aber auch hier hängen die konkreten Umsetzungsmöglichkeiten davon ab, was in den Anlagebedingungen des Fonds vereinbart wurde. Zumindest bei steuerlich transparenten Fonds wird ein Zustimmungsrecht der KVG bei Anteilsübertragungen im Fondsvertragswerk explizit verankert. Wesentlich ist jedoch die exakte Ausgestaltung: Einige Fondsvertragswerke sind dem Wortlaut nach weniger strikt und beschränken die Versagung der Zustimmung auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes. Dies gibt allerdings nur die gesetzliche Idee hinter dem Zustimmungsrecht der KVG wieder: Die KVG muss verhindern können, dass die Fondsanteile an einen Anleger übertragen werden, der die aufsichtsrechtlichen oder steuerrechtlichen Voraussetzungen des konkreten Fonds nicht erfüllt, beispielsweise ein Privatanleger ist. Finden sich im Vertragswerk andere mögliche Gründe für die Verweigerung der Zustimmung – beispielsweise für den Fall, dass der Übernehmer der Fondsanteile ein Wettbewerber der KVG ist – so sind diese einerseits rechtlich schlicht unzulässig und andererseits inhaltlich klar im Widerspruch zu der Verpflichtung der KVG, die eigenen Interessen nicht vor die der Anleger zu stellen. Die Anleger sollten derartige Formulierungen vollständig streichen lassen. Daneben ist es für Anleger sinnvoll, sich bei der Verhandlung des Fondsvertragswerks gegebenenfalls bilateral eine Vorab-Zustimmung für den Fall einzuholen, dass die Übertragung der Fondsanteile auf ein verbundenes Unternehmen oder einen vom Anleger direkt oder indirekt gehaltenen Dachfonds erfolgt.
Ausstieg des kollektiven Anlegerkreises (idealtypisches Desinvestment)
Das zweite Szenario dürfte das mutmaßlich von den Anlegern angestrebte sein: Der kollektive Anlegerkreis ist sich einig, möglichst preismaximiert das Fondsinvestment zu beenden, nachdem die strategischen bzw. wirtschaftlichen Ziele der Investition erreicht wurden.
Die erste Variante ist die Fondsliquidation. „Liquidation“ ist ein untechnischer, weil nicht investmentgesetzlich definierter Begriff, der im Markt häufig mit dem technischen, weil gesetzlich verwendeten Begriff der „Abwicklung“ synonym genannt wird. Liquidation meint aber in klarer Abgrenzung zur Abwicklung (zwangsweiser Liquidation) die ordentliche Liquidation des Fonds. Praktisch leitet die KVG die Liquidation ein, indem sie, in der Regel auf Empfehlung der Anleger, die Liquidation des Fonds mit dem Ziel beschließt, das Immobilienportfolio insgesamt oder sukzessive zu veräußern, ohne das aus dem Verkauf erlöste Kapital zu reinvestieren, sondern es Zug-um-Zug gegen Rückgabe der Anteilscheine an die Anleger auszuzahlen. Interessanterweise ist ausgerechnet dieser Normalfall der ordentlichen Liquidation im KAGB gänzlich ungeregelt. Gesetzliche Regelungen finden sich ausschließlich in Form eines Quasi-Notfall-Plans, den die KVG zu durchlaufen hat, wenn sie Fonds abzuwickeln hat, nachdem sie faktisch zwangsweise die Verwaltung kündigen musste. Daher sollten Anleger ihre eigenen Geschicke besser selbst in die Hand nehmen.
Der Abschluss einer Liquidationsvereinbarung, der dann typischerweise auch einen Verkaufsplan der Immobilien beinhaltet, ist nicht obligatorisch, aber möglich. Zivilrechtlich stellt sich die Frage, wie mit der Nachhaftung umzugehen ist. Sie ergibt sich aus Rechtsverbindlichkeiten, welche die KVG nach Erlöschen ihres Verwaltungsrechts für in der Vergangenheit liegende Sachverhalte ereilt. Nicht unüblich ist es, dass die Anleger die KVG von derartigen Ansprüchen Dritter auf erste Anforderung freistellen. Dem Nachteil des Freistellungsanspruchs steht aus Sicht der Anleger der Vorteil gegenüber, dass die KVG dann nach Veräußerung des letzten Vermögensgegenstands die Anteile direkt Zug-um-Zug gegen Auszahlung der gesamten Liquidität zurücknehmen kann. Andernfalls müsste die KVG für einen längeren Zeitraum Liquidität einbehalten, um gegebenenfalls noch vertragliche oder steuerrechtliche Ansprüche (z.B. nach einer Betriebsprüfung) bedienen zu können. Das bedingt aber für die Anleger Nachteile: Der Fonds muss weiterhin unter Erfüllung sämtlicher aufsichtsrechtlicher Anforderungen bewirtschaftet werden, womit sich die einbehaltene Liquidität um die fixen, regulatorisch bedingten Kosten (Verwahrstelle, Prüfer etc.) reduziert. Darüber hinaus muss der Anleger den Fonds bei sich als noch nicht beendetes Investment intern vollständig – beispielsweise bilanziell sowie im Reporting – mitführen.
Steuerrechtlich gelten bei der Liquidation eines Sondervermögens die Regelungen des Investmentsteuergesetzes („InvStG“). Es gilt zu vermeiden, dass der Fonds nach den Grundsätzen der aktiven unternehmerischen Bewirtschaftung gewerblich wird, was nicht nur zum Anfall von Gewerbesteuer auf die Erträge auf Fondseingangsseite, sondern auch, sofern einschlägig, zum Verlust des Spezialfondsstatus nach InvStG führen würde. Die Finanzverwaltung hat klargestellt, dass die für die Frage der aktiven unternehmerischen Bewirtschaftung heranzuziehenden Kriterien bei der „Abwicklung“ nicht gelten, wobei anzunehmen ist, dass darunter jede Form der Beendigung eines Fonds zu verstehen ist. Andererseits hat sich noch keine gefestigte Verwaltungspraxis oder gar Rechtsprechung zu der Frage gebildet, was genau als steuerlich unbedenkliche Liquidation anzusehen ist. So müssen sich Anleger bei der Liquidation von Fonds, die noch nicht allzu lange Bestand haben, die Frage stellen, ob die Finanzverwaltung unterstellend, dass bereits beim Erwerb der Immobilien eine kurzfristige Veräußerung beabsichtigt gewesen wäre, in der Liquidation ein unzulässiges Gestaltungsmittel erkennen könnte. Jede Liquidation – gleich, wie sie erfolgt – birgt also ein steuerliches Risiko für den Fonds und die Anleger, dass es in den Griff zu bekommen gilt.
Sofern Käufer zu finden sind, die Interesse am gesamten Immobilienportfolio des Fonds und der Fortführung des Fonds als neue Investoren haben, kommt alternativ der sogenannte Unit-Deal in Frage. Dieser Anglizismus, der gerade en vogue ist, beschreibt einen eigentlich klassischen Vorgang, der jedoch in den letzten Jahren besonders häufig zu beobachten war: Die Immobilien verbleiben im Fonds und sämtliche Anleger veräußern en bloc ihre Anteilscheine an einen oder mehrere neue Anleger. Es handelt sich quasi um eine wirtschaftliche Übertragung des Immobilienportfolios durch Verkauf der Fondsanteile. Die veräußernden Anleger vermeiden so bei sich die oben genannten steuerlichen Risiken der Fondsliquidation. Ungewohnt für die Anleger auf beiden Seiten ist es, dass sie sich als Parteien, also als Erwerber und Veräußerer, gegenüberstehen. Zentraler Diskussionspunkt der Vertragsverhandlungen ist daher regelmäßig die Frage nach Verkäufer-Garantien. Die Parteien müssen eine Lösung des dieser Vorgehensweise immanenten Problems finden, dass die veräußernden Anleger eben nur Anleger und nicht Eigentümer und Manager der Immobilien sind.
Hilfreich ist es bei den zuvor angesprochenen aufsichtsrechtlichen und steuerrechtlichen Themen, wenn Immobilien-Management und KVG voneinander getrennt sind, weil es allen Parteien eine bessere Einordnung und Wahrnehmung der jeweiligen Interessen ermöglicht. Dabei ist klar zwischen Service-KVGs und Master- oder auch Investoren-KVGs zu unterscheiden, da nur die letztgenannten den Anlegern die Gewähr bieten, dass die Anleger als eigentliche Kunden der KVG betrachtet und ihre Interessen im Rahmen der Vertragsgestaltung angemessen berücksichtigt werden.
Unit Deals macht zudem wirtschaftlich attraktiv, dass keine Grunderwerbsteuer bei deutschen und in der Regel auch nicht bei ausländischen Immobilien anfällt, wobei letzteres stets im Einzelfall geprüft werden sollte. Innerhalb gleicher Investorengruppen, wie beispielsweise der Versorgungswerke, gibt es nach wie vor einzelne Anleger, die ihre versicherungsaufsichtsrechtlichen Quoten noch nicht ausgereizt haben. Zudem zeigt die Ende 2018 von GAC veröffentlichte Studie „Immobilieninvestments institutioneller Investoren“, dass andere Investorengruppen wie Pensionskassen oder Lebensversicherer erst Quoten von 10 % bzw. nur 4 % aufweisen. Diese Anleger, die wegen des anhaltenden Niedrigzinsumfelds verstärkt in Immobilien investieren wollen, können über Unit-Deals mit einem Schlag ihre Immobilienquote ausweiten. Anleger (insbesondere Versicherer) die historisch bedingt immer noch hohe Immobilien-Direktbestände halten, können ebenso indirekte Immobilienanlage-Strategien als wirkungsvolle Risikodiversifizierung in sektoraler und regionaler Hinsicht durch spezialisierte Asset Manager abbilden. In Einzelfällen wird ein ursprünglich einmal als Value-Add emittierter Fonds, den die Anleger nach Erreichen dessen wirtschaftlicher Ziele verkaufen wollen, nun aus Sicht des erwerbenden Anlegers zu einem Core-Fonds (oder auch umgekehrt). Insofern bedienen Unit-Deals verschiedene Anleger mit ganz unterschiedlichen Risikobedürfnissen. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass der Fondsexit eine wesentliche Bedeutung für den wirtschaftlichen Erfolg eines Investments hat und Anleger die verschiedenen Optionen bereits bei Fondsauflage vertraglich gestalten sollten, um ihre Interessen bestmöglich zu wahren.